Fahar ist freier Künstler, lebt und arbeitet seit einigen Jahren in Karlsruhe und betreibt eine kleine Galerie in der Südstadt. Sein Spezialgebiet ist das sogenannte Action-Painting, eine Kunstrichtung, die zum modernen Expressionismus zählt und bei der Farbe intuitiv und dynamisch auf die Leinwand aufgetragen wird – gespritzt, getröpfelt, geschüttet und mit den Händen oder dem Pinsel verwischt. Der international bekannteste Vertreter dieser Richtung ist Jackson Pollock, dessen Bilder im dreistelligen Millionenbereich gehandelt werden. Auch Fahars Bilder kann sich nicht jeder leisten (auch wenn sie nicht ganz so kostspielig sind), weshalb er seine Arbeiten auch vermietet – ein Konzept, das in unserer Stadt bisher einzigartig ist und das bereits von vielen Karlsruhern und lokalen Unternehmen dankbar angenommen wird. Wir durften mit Fahar über den Beruf des Künstlers, seine Galerie und die Motivation hinter diesem einzigartigen Konzept sprechen.
Hallo Fahar, erzähl doch mal was von deiner Arbeit mit dem Action-Painting. Was bedeutet diese Art der Malerei für dich?
Vor circa sechs Jahren haben mir zwei Künstlerkolleginnen vom Action-Painting Studium mit Professor Hermann Nitsch in einer privaten Akademie erzählt. Da habe ich gefragt “Ist das der Nitsch, der in den 70ern diese damals umstrittene Kunst gemacht hat, wo er mit Blut gemalt und mit nackten Menschen und Tierinnereien Performances gemacht hat? Ich glaube, das ist nichts für mich!” Zum Glück waren die beiden hartnäckig genug um mich zu überreden, wenigstens die erste Woche mitzumachen. Und als ich dann Nitsch erlebt habe, mit seiner positiven Aura und diesem Gefühl, das er vermittelt, war ich überzeugt zu bleiben. Und nach den ersten beiden Schüttbildern habe ich bemerkt, wie wichtig diese Malerei für mich ist. Sie ermöglicht das, was alle Künstler wollen und was sehr schwierig ist: einen Teil der eigenen Seele herzugeben. Und dass es gleichzeitig auch erkannt wird. Das ist für mich Action-Painting. Seit dem Jahr male ich fast nur Action-Painting und auch Farbmalereibilder, die hin und wieder diese Aura und Dynamik des Action-Paintings tragen.
Mir ist aufgefallen, dass auf ganz vielen deiner Bilder offene Dreiecke zu sehen sind. Darf ich fragen, welche Bedeutung diese Formen haben?
Das sind keine Dreiecke, das ist eine einfache Dachform und die ist von Bild zu Bild unterschiedlich. Manchmal kaum sichtbar und manchmal so dominant, dass sie das Zentrum des Gesamtbildes dominiert. Warum ein Dach? Dach bedeutet Schutz, und jeder Mensch läuft intuitiv unter einen Schutz, wenn es ein Unwetter gibt, physisch oder psychisch.
Findest du jeden Tag Zeit zum Malen?
Malen findet nicht nur auf der Leinwand statt, sondern täglich auch in meinem Kopf, da entstehen Bilder und Farbkombinationen.
Was würdest du sagen, was ist die größte Herausforderung am Beruf als Künstler?
Davon zu leben ist definitiv die größte Herausforderung. Ich bin einer der Glücklichen, die davon leben können. Ich habe das Glück, dass ich erkannt habe, dass harte Arbeit dazu gehört. Das ist wie beim Sport, Talent alleine genügt nicht. Ein talentierter Hochleistungssportler muss täglich trainieren um sich weiterzuentwickeln. Genauso ist das in der Kunst, man muss machen, machen, machen um ein gewisses Level zu erreichen, wo die Arbeiten für sich sprechen um sich zu verkaufen.
Und wie entstand die Idee zu contemp-rent?
Ende 2015 ist mir der Gedanke gekommen, meine Bilder zu vermieten, da ich über 1000 davon hatte und es Sammler von mir gab, die ihre Büros mit meinen Arbeiten bestücken wollten. Die Idee, an Privatleute zu vermieten, kam aus verschiedenen Aspekten. Warum ist so eine unsichtbare Mauer zwischen Galerien und Menschen, die weniger Geld zur Verfügung haben? Oder Menschen, die unsicher sind in Bezug auf Kunst, bei denen aber trotzdem das Gefühl für Kunst vorhanden ist? Genau diese Menschen möchte ich erreichen. Mein Lebensziel ist, dass jeder, und die Betonung liegt auf jeder, der mit Kunst leben möchte, eine bezahlbare Möglichkeit hat, dies zu tun. Die Pflicht von uns Künstlern ist es, Kunst erreichbar zu machen, in welcher Form auch immer.
Du bezeichnest deine Galerie als Pionierarbeit in der Kunstszene… Wie wurde das Konzept in der Szene aufgenommen? Gab es da auch kritische Stimmen?
Es gibt die langjährigen Galerien, die nach dem gleichen Schema ihren Kundenstamm betreut haben – die finden das Konzept logischerweise nicht gut, weil so ein Konzept die Kunst vom Elfenbeinturm holt. Die Szene ist immer auf der Suche nach neuer Kunst für bestimmte Leute, und wenige überdenken das Konzept der Galerien an sich. Das einzige, was wir anders machen, ist, dass wir es für Kunstinteressierte zugänglich machen. Es ist kein Privileg mehr, sondern Pflicht, Kunst zugänglich zu machen. Und dass die Dinosaurier sich nicht trauen, sich zu drehen, ist offensichtlich.
Wer sind deine Kunden und welches Budget muss ich mitbringen, wenn ich ein Bild mieten möchte?
Bei unseren Kunden ist von Unternehmern bis hin zu jungen Familien alles dabei. Mieten kann man aktuell ab fünf Euro monatlich.
Welche Art von Kunst kann man bei dir noch mieten, außer den Bildern, die du mit Action-Painting gemalt hast?
Bei Einsteigern sind die Schwammbilder sehr beliebt, da das etwas Einzigartiges ist, was sonst niemand macht. Für erfahrene Kunstkenner finden sich auch Fotografien als Geheimtipp.
Wenn man sich deinen Lebenslauf anschaut bist du schon ziemlich viel in der Welt rumgekommen… Wie haben sich die einzelnen Stationen deiner Reise auf deine Kunst ausgewirkt?
Das Resultat sieht man in den Bildern. Wenn ich einen anderen Lebenslauf hätte, dann würden sie anders aussehen.
Ich habe gelesen, dass du nach 21 Jahren wieder zurück in deine Heimat, den Irak, gereist bist. Daraus ist die Fotoserie „Bagdad Blues“ entstanden. Was zeigen diese Fotografien?
Wie der Name sagt zeigen die Fotografien den Alltag, den einfachen Alltag mit bestimmten Lichtverhältnissen und Atmosphäre, die nicht schwer zu finden war. Da war einfach dieser Blues-Effekt zu spüren… Es ging nicht um das, was uns die Medien sonst zeigen, Terror, Krieg und Schmerz. Ich wollte die Alltagsmelancholie einfangen.
Wie hast du dich auf dieser Reise gefühlt? War es ein „Nachhause-Kommen“ oder warst du eher Tourist und Beobachter?
Es war eine Kombination, aber eigentlich war es das auch nicht, ich habe mich mehr als Außerirdischer mit Kamera gefühlt. Leider gibt es im Moment keine öffentliche Ausstellung der Fotografien.
Du gibst auch ab und zu Malkurse. Was lernen die Teilnehmer da und können auch Laien mitmachen?
Ich gebe das weiter, was ich gelernt habe, und versuche, an einem Tag so viel wie möglich zu vermitteln. Action-Painting ist eine Art Seelendehnung. Es ist sehr wichtig, in die Welt des Künstlers einzutauchen und sie mit allen Sinnen zu erleben. Jeder ist willkommen! Für mich ist die große
Herausforderung, wenn einer zum ersten Mal selbst Kunst macht.
Danke dir für das Interview. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg mit deiner Galerie!
Wessen Interesse geweckt wurde: Fahars Malkurse finden in seinem Atelier in der Südstadt statt. Infos zu den nächsten Terminen und Kosten findet ihr unter www.fahar.com.