Am kommenden Samstag, 18. Juni, wird auf dem Marktplatz eine Kundgebung stattfinden, die sich gegen die geplanten Sparmaßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich der Stadt Karlsruhe wendet: „Spart’s euch!“ Geplant wird die Aktion von AKT [aktion kollektiv theatral], einem Zusammenschluss von Menschen, der sich performativ und kreativ für eine solidarische Gesellschaft einsetzt, der stören und aufrütteln will und dort laut ist, wo Politikerinnen und Politiker lieber leise werden. Judith Franke, die an der Organisation der geplanten Demo beteiligt ist, hat uns ein bisschen genauer erklärt, worum es geht.
Hallo Judith! Wann habt ihr euch zusammengeschlossen, und was war der ausschlaggebende Punkt?
AKT [aktion kollektiv theatral] hat sich vor zwei Jahren gegründet. Seither liegt der Schwerpunkt in antifaschistischer und antirassistischer Arbeit. AKT will eine soziale, solidarische Gesellschaft und setzt sich gegen Faschismus, Rassismus und Ausgrenzung ein. Unter anderem bei Aktionen gegen Kargida, gegen Abschiebungen und TTIP, bei Protesten gegen den EU-Türkei-Deal, der Mitorganisation der Actiondays 2015, Sozialperformances und Aufmerksamkeitsgenerierung für soziale Missstände. Aus dieser Motivation, für eine solidarische, involvierte Gesellschaft, haben wir jetzt „Spart’s euch!“ initiiert. Am Anfang der Kampagne stand für uns, die betroffenen Organisationen zu einem gemeinsamen Protest zu einen, um ein Ausspielen gegeneinander zu verhindern, wie es versucht wurde. Wir versuchen, eine Basis zu bieten, auf der ein gemeinsamer, solidarischer Protest gegen die Sparmaßnahmen möglich ist.
Warum hat die Stadt beschlossen, im kulturellen Bereich Einsparungen zu machen?
Das ist eine gute Frage. Weil Kultur, Bildung und Soziales scheinbar als wegrationalisierbar gesehen werden. Als verzichtbarer Luxus – und nicht als das, was eine Gesellschaft im Kern ausmacht. Weil Prestigeprojekte scheinbar wegen einer als „alternativlos“ dargestellten „schwarzen Null“ nicht eingeschränkt werden können – Daseinsvorsorge, sozialer Ausgleich und kulturelle Vielfalt scheinbar schon.
Wie werden diese Sparmaßnahmen aussehen?
Zunächst einmal betreffen die Sparmaßnahmen alle Kulturbetriebe – von großen wie dem Badischen Staatstheater und dem ZKM bis hin zu kleineren, wie beispielsweise dem Sandkorntheater. Aber die Einsparungen liegen ja nicht nur im kulturellen Bereich. Auch in der Bildung und bei Sozialem wird extrem gekürzt – das Klinikum ist genauso betroffen wie Unterstützungseinrichtungen für Schülerinnen und Schüler oder die Jugendhilfe. Das geht dann weiter bis zum Alltag der Bürgerinnen und Bürger, zu weniger Stadtteilfesten, weniger öffentlichen Toiletten und Spielplätzen oder der Einschränkung des ÖPNVs und des Gesundheitswesens.
Welche der geplanten Sparmaßnahmen würden den Karlsruher Kulturbetrieb eurer Meinung nach am schlimmsten treffen?
Wir wollen und können da kein Ranking machen, weil jeder der betroffenen Bereiche ein Verlust für Karlsruhe als lebenswerte Stadt wäre!
Habt ihr eine Alternative, sozusagen einen Plan-B für die Stadt Karlsruhe, wie das Problem anders gelöst werden könnte?
Es muss eine offene, laute Diskussion geführt werden, in der die Stadtgesellschaft mitentscheidet, ob sich eine der reichsten Städte in einem der reichsten Bundesländer Kultur nicht mehr leisten kann – oder ob es nicht doch andere Möglichkeiten gibt. Da sind aber in erster Linie auch die Stadträtinnen und Stadträte gefragt! Es kann nicht sein, dass – mit Ausnahme der LINKEN – einstimmig für Maßnahmen gestimmt wird, die die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander treiben!
Eure nächste geplante Aktion ist die Demonstration am 18. Juni auf dem Marktplatz… Was wird da geschehen?
Am 18.6. wird es eine Kundgebung geben, auf der Vertreter der betroffenen Institutionen sprechen werden, und einen Demonstrationszug, um eine lautes, vielseitiges Signal zu setzen. Wir sind gespannt, was sich die Institutionen einfallen lassen!
Wieviele Menschen erwartet ihr?
Wir können gar nicht einschätzen, wieviele Menschen kommen werden. Bei über 120 betroffenen Institutionen und der Tatsache, dass es eigentlich alle Karlsruher Bürgerinnen und Bürger betrifft, hoffen wir natürlich auf eine große Zahl an Teilnehmenden.
Was erwartet ihr euch von diesem Protest? Wie könnte die Stadt reagieren?
Wir erhoffen uns natürlich, dass wir diese drakonischen Sparmaßnahmen noch stoppen können. Diese würden unser Leben in der Stadt stark negativ beeinflussen! Es geht aber auch darum, diese Maßnahmen in einen größeren politischen Kontext zu setzen, denn genau das gleiche passiert in vielen Kommunen in diesem Land und auch in Europa. Letztendlich geht es darum, wie wir uns als Gesellschaft definieren und welche Aufgaben damit verbunden sind. Denn wir finden, dass das Kaputtsparen der Kommunen und des Staats ein Ende haben muss. Kultur, Soziales und Bildung leiden massiv darunter und deshalb wir alle.
Habt ihr noch weitere Aktionen geplant?
Die Demonstration am 18. Juni ist als Anfang zu sehen. Wir planen weitere Veranstaltungen und Aktionen mit allen, die ihrem Protest Ausdruck verleihen wollen. Wir werden dem Gemeinderat keine Ruhe lassen, bis die Sparmaßnahmen vom Tisch sind.
Warum sollte sich jeder einzelne von uns der Demonstration am 18.6. anschließen?
Die Sparmaßnahmen betreffen uns alle – deswegen ist es Zeit, auf die Straße zu gehen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, für eine solidarische Gesellschaft zu kämpfen, in der für jeden Platz ist! In diesem Sinne: Kommt am Samstag auf den Marktplatz, um der Stadt ein deutliches Signal zu senden und zu sagen „Spart’s euch!“
Vielen Dank für das Interview!
Die Aktion beginnt am Samstag, 18.6.16, um 12:30 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz.
Mehr Infos findet ihr im Facebook-Event oder unter facebook.com/AKTAktionkollektivtheatral.
Habt ihr einen Link zum offiziellen Beschluss und einer genauen Beschreibung der Sparmaßnahmen?
VG