Beide kommen vom Graffiti, sprühten früher an Brücken, Züge und Wände. Heute sind ihre Werke auf internationalen Street-Art Messen und in Museen zu sehen. Die Künstler DOME und INDEX kennen sich noch aus alten Zeiten, sind beide in Karlsruhe aufgewachsen. Heute stellen sie ihre Werke im Projektraum Luis Leu in der Luisenstraße aus, die Ausstellung findet bis zum 22. August statt.
Mittlerweile machen sie kein Graffiti mehr, oder eben nur noch selten. INDEX studiert in Freiburg Kunst und malt seine farbgewaltigen Explosionen auf Leinwände. DOME arbeitet vielseitig, egal ob mit 3D-Schablonen, Murals oder Leinwand. Im Gegensatz zu INDEX’ Farbgewalt hält es DOME lieber etwas düsterer in Schwarz oder Grautönen. Auf einem der ausgestellten Bilder sieht man vier düstere Gestalten. Sie alle tragen verschiedene Masken, die Körper sind verfremdet. Ein Mix aus Illustration, Schattenspiel und Grafik. Bei INDEX geht es da deutlich gewaltiger zu. Zum einen verwendet er sehr viele expressive Farben, arbeitet dabei grafisch und akribisch genau. Zum anderen hat er ein Faible für Explosionen als Motiv. Wir haben mit den beiden Künstlern auf ihrer Vernissage gesprochen, hier der zweite Teil mit einem Interview mit dem Künstler INDEX:
Hallo Index, wie bist du mit Dome eigentlich zusammengekommen, warum stellt ihr gemeinsam aus?
Ich und Dome kennen uns bestimmt schon seit 20 Jahren. Wir haben früher zusammen gesprüht und waren in einer Crew. Ich komme ursprünglich auch aus Karlsruhe.
Ok, und wo bist du jetzt?
Ich bin jetzt seit zehn Jahren in Freiburg. Dort hab ich studiert. Freiburg ist eine total niedliche Stadt. Da ist einfach auch kulturell weniger los als in Karlsruhe. Das merke ich schon hier bei der Ausstellung. Da kommst du weiter, wenn du klassische Schwarzwaldmalerei betreibst.
Was hast du in Freiburg studiert?
Ich habe dort Kunst studiert.
Aha, daher die handwerklich so sauberen Bilder.
Ja genau, da lege ich großen Wert drauf. Es soll knallen, vom Inhalt her als auch formal. Der Inhalt ist dabei ja aktuell, Terroranschläge und dergleichen. Und das Ganze kommt in einer dekorativen Verpackung.
Kannst du von deiner Kunst leben?
Ja irgendwie schon. Aber ich mache auch noch Aufträge nebenbei. Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch mehr verkaufe.
Würdest du sagen es ist schwierig, ästhetisch bzw. handwerklich sauber zu malen?
Ja absolut. Man muss sich ja fast schon schämen, wenn man sagt man möchte ästhetisch malen, das Handwerk beherrschen. Kunst kommt ja von können.
Wie lange brauchst du für ein Bild?
Das kommt ganz darauf an wie groß es ist. Aber ich würde sagen schon immer einen Monat. Wenn ich mal als Künstler einen Stundenlohn ausrechnen würde, dann würde jeder Zeitungsbote mehr verdienen.
Wieso hast du dich trotzdem dafür entschieden Künstler zu werden?
Das ist schon eine Berufung. Ich habe mit acht Jahren schon beschlossen, dass ich diesen Weg gehen will. Auch wenn es finanziell noch keine großen Früchte trägt.
Leider kann nur ein minimaler Prozentsatz wirklich davon leben.
Eine Statistik in Deutschland besagt dass von 100 Menschen drei oder vier davon leben können und einer von Hundert richtig gut davon leben kann.
Was ist für dich der große Unterschied zwischen Graffiti und Street-Art?
Der Unterschied ist das Motiv. Graffiti ist Buchstabenkunst. Du hast dein Pseudonym und dann spielst du mit den Buchstaben. Es geht letztendlich darum, dieses Pseudonym unterschiedlich auszugestalten, mal eckig, mal bubbeliig, mal rund. Letztlich ist es Grafikdesign. Street-Art ist da viel breiter gefächert.
Und auch gesellschaftstauglicher, anscheinend.
Ja genau, die meisten Leute beschweren sich bei Graffiti „Ich kann das gar nicht lesen. Das ist nur Geschnörkel“. Aber wenn man eine Schablone mit einem Gesicht macht können die Leute plötzlich was damit anfangen. Letztendlich ist es oft viel platter. Sobald viele Street-Art-Künstler eine gute Schablone haben, ballern die die überall hin. Im Prinzip arbeiten sie nach den Mustern der Industrie. Shepard Fairey, der Erfinder dieses OBEY-Logos, hat mal gesagt, er arbeitet genauso wie Coca-Cola. Er platziert sein Logo an jeder Ecke, und sobald du es siehst, erkennst du es und kaufst.
Wie bist du zum Sprühen gekommen?
Ich war einfach 100 Prozent Sprüher. Nachts unterwegs an Zügen, Brücken usw. Aber irgendwann habe ich mich gefragt, wofür machst du das, nur damit ein paar Kids deinen Namen kennen und über dich tuscheln? Da kommt halt nichts zurück von der Straße. Du kannst mit Straßen-Fame leider keine Rechnungen bezahlen. Deswegen habe ich angefangen mit Auftragsarbeiten.
Schlagen in deiner Brust dann sozusagen zwei Herzen?
Ja, ich trenne da aber ganz strikt. Wenn ich an der Leinwand stehe, will ich nichts von Graffiti wissen, und umgekehrt will ich, wenn ich an der Wand stehe und einen Style male, von der Kunst nichts wissen. Es lässt sich nicht vermeiden, dass es bestimmt Parallelen gibt. Viele sagen meinen Sachen nach, dass man in beiden die jeweiligen Einflüsse sieht.
Und wie war das am Anfang an der Kunsthochschule? Die Professoren waren doch sicher nicht nur begeistert von deinem Graffiti?
Ich hab mich mit einer Mappe beworben in der 50 Prozent Graffiti waren. Von der ersten Minute an wurde mir gesagt, jetzt bist du an einer Kunstakademie, jetzt vergiss das ganze Graffiti, du musst jetzt seriös werden.
Und was sagt da der Straßenjunge in einem?
Ja der sagt: Leck mich am Arsch, ich mach was ich will. Aber letztlich kannst du dich dem Ganzen nicht erwehren, du wirst reifer in den Jahren, du willst was verkaufen. Dann gerät dieses Reale in den Hintergrund. Ich hab mir damals geschworen, ich lass mich nicht verbiegen, aber irgendwann holt es einen ein.
Sprühst du immer noch?
Ich sprühe noch, aber nicht mehr illegal. Ich habe mittlerweile gute Verbindungen zur Stadt und bekomme daher gute Aufträge. Ich würde mir da einfach einiges kaputt machen, wenn ich illegal rumsprühen würde.
Danke dir mein Bester für das ehrliche Interview und viel Glück für die Zukunft!
die Bilder von INDEX sind einfach nur Wow. Ich kenne Ihn und seine Kunst bisher nicht, würde aber gerne mehr sehen davon.