In der Ladenzeile am Karlsruher Bahnhofsvorplatz tut sich was! Antonia Wucknitz steckt in den letzten Zügen der Renovierungs- und Einräumarbeiten für ihren Unverpackt-Laden, der am 12. Mai seine Türen öffnen soll. kavantgar.de hat sie zwischen noch leeren Regalen und frisch befüllten Getreidespendern zum Konzept befragt.
Fotos: Tanja Meißner
Trotz der Horrorbilder über Plastikinseln auf den Weltmeeren gibt es bislang nicht viele Möglichkeiten, verpackungsfrei einzukaufen. Obst, Gemüse und Eier könnte man auf dem Wochenmarkt noch mit dem Korb abholen, aber da hört es auch auf. Was hat Sie bewogen, einen Unverpackt-Laden zu eröffnen?
Ursprünglich wollte ich einfach ein Unternehmen starten und bin bei der Suche nach Inspiration auf den Preis für den besten Businessplan gestoßen, der an den Unverpackt-Laden in Berlin ging. Die Thematik hat mich fasziniert und zudem meine alltäglichen Probleme beim Einkaufen widergespiegelt: Jahrelang habe ich beispielsweise auf Frischkäse verzichtet, weil ich diesen nur in Plastikverpackung kaufen konnte – jetzt stelle ich ihn einfach selbst her. Neben dem Müll, der mit jeder neuen Packung anfällt, wollte ich meine Kinder nicht mit eventuell schädlichen Stoffen wie Weichmachern belasten, die vom Plastik in die Lebensmittel übergehen. Im Supermarkt packe ich nach dem Bezahlen das Gemüse direkt aus und lasse so viel Verpackung wie möglich bereits dort. Dadurch wird die reine Masse an Material für meinen Haushalt geringer, jedoch nicht global. Und vieles davon ist komplett überflüssig. Kurzentschlossen habe ich also einen Workshop im Kieler Unverpackt-Laden besucht und dort einige Tage hospitiert. Dann stand die Entscheidung: So etwas will ich auch aufziehen.
Das Motto Ihres Ladens ist offensichtlich – keine Wegwerfverpackungen. Was kann man sich bei Ihnen denn alles abfüllen?
Wir haben Getreide, Mehl, Nüsse und Kerne, Saaten, Trockenfrüchte, Reis, Nudeln, Müsli, Kekse, Backzutaten, Kaffee und Tee, Gewürze und Kräuter, Essig und Öl, Sojaprodukte, Reinigungs- und Pflegemittel, Süßigkeiten, Eier und Milchprodukte und noch einiges mehr. Fleisch wird es zunächst nicht geben, dafür eine kleine Auswahl an saisonalem Obst und Gemüse vom Bioland-Betrieb Petrik aus dem Pfinztal. Im Vordergrund steht das bedarfsgerechte Einkaufen ohne übertriebenen Einsatz von Verpackungsmaterial – ressourcenschonend und umweltfreundlich.
Das erinnert von der Überzeugung her an die Bio-Bewegung. Bieten Sie auch hauptsächlich Bio-Produkte an?
Ich kaufe selbst lieber gute Produkte: Qualität statt Masse. Im Vorfeld habe ich etwa ein Jahr lang recherchiert, Großhändler besucht, mich bei Bio-Betrieben vor Ort umgeschaut und Produkte getestet. Jetzt ist das Sortiment zum Teil bio, wo es geht regional, fair und saisonal. Ich führe jedoch auch konventionelle Produkte, weil ich Kunden, die das Bio-Siegel nicht mitzahlen wollen, ebenfalls etwas bieten möchte.
Da Sie es nun ansprechen, wie wird es preislich aussehen – ist durch die größeren Abnahmemengen der Preis für den Kunden günstiger?
Mit Lebensmittel-Discountern können wir natürlich nicht mithalten. Durch das Konzept spart der Kunde aber auch indirekt: Oft werden im Haushalt Lebensmittel weggeworfen, weil man zu viel oder das Falsche gekauft hat. Bei uns füllt jeder so viel ab, wie er benötigt und verbrauchen kann. Besonders bei Gewürzen und Ölen ist es schön, erstmal nur wenig zum Probieren mitnehmen zu können, dann wird nichts weggeworfen, wenn es doch nicht schmeckt. Unsere Bio-Produkte sind natürlich etwas teurer, aber das ist im Biomarkt nicht anders.
Und wie läuft der Einkauf im Unverpackt-Laden genau ab?
Selbst mitgebrachte Gefäße werden gewogen und gemäß Bedarf befüllt, an der Kasse ziehen wir das Tara ab und berechnen nach Gewicht. Für Spontaneinkäufer haben wir verschiedene Gläser, Papiertüten und Stoffbeutel vorrätig.
Ein Vorurteil, das dabei bestimmt aufkommen wird, ist die Hygiene-Problematik: Ist es nicht unhygienisch, wenn jeder an die Ware kann und sich selbst bedient?
Die Hygienevorschriften werden bei uns sehr streng eingehalten, beispielsweise haben wir schon einen Kammerjäger engagiert, der Fallen gegen Motten und anderes Ungeziefer aufstellt. Da beugen wir aktiv eventuellen Katastrophen vor. Unsere Spender sind geschlossene Systeme, die regelmäßig gereinigt werden und für die Entnahme aus anderen Behältern haben wir Zangen, Schippen und Handschuhe. Jede Charge ist mit dem ausgewiesenen Mindesthaltbarkeitsdatum versehen, mit jedem Wechsel wird das Behältnis gereinigt und das Datum geändert. Für abgelaufene Produkte suche ich noch nach einer Lösung – möglicherweise können sie günstiger verkauft oder an den Zoo gespendet werden.
Das Unverpackt-Konzept scheint in Deutschland nur zögerlich angenommen zu werden. Über den Laden in Berlin wird etwa berichtet, dass nach dem anfänglichen Hype nun dort gähnende Leere herrscht und alle wieder zum Aldi ums Eck gehen. Wie schätzen Sie die Karlsruher Kundschaft ein?
Karlsruhe war ja 2015 die nachhaltigste Großstadt Deutschlands, ich denke, da gibt es ein großes Bewusstsein für die Thematik. Bisher habe ich schon so viel Positivität erfahren, die Idee kommt gut an. Während der Bauarbeiten haben immer mal wieder Neugierige reingeschaut, die sich auf die Eröffnung freuen. Außerdem stehe ich mit Überzeugung hinter dem Konzept – hip allein reicht nicht! Wichtig für das langfristige Überleben ist auch eine gute Location – hier am Hauptbahnhof sind wir für Laufkundschaft, Pendler und Unverpackt-Begeisterte gut erreichbar. Ich bin da also positiv gestimmt.
Am 12.5.2016 eröffnet der Unverpackt-Laden – Antonia Wucknitz freut sich auf interessierte Kunden und steht für Auskünfte gerne bereit.
Unverpackt
Bahnhofsplatz 8
Öffnungszeiten: Mo-Fr 7-19 Uhr, Sa von 8-16 Uhr
Tolle Idee und mutiges Projekt! Wohne in Durlach, werde aber bald mal zum Einkauf vorbei schauen. Viele freundliche Kunden und einen guten Start!
Das freut mich ganz besonders. Endlich eine umweltbewußte Marktlücke entdeckt und durchgesetzt. Nach dem Motto – Zurück zur Natürlichkeit – Ich wünsche einen guten Erfolg und viele Kunden.
Freue mich SEHR darauf und darüber und hoffe, es kommt gut an und spricht sich schnell rum !! Daumen hoch für dieses Projekt!! Für die abgelaufenen LM könnte man sich doch mit Foodsharing connecten….. 😉
Viel Erfolg und bis ganz bald im Laden….
Ich finde das gut. Wenn man an früher denkt war alles offen und ich fand es gut wie es war. Kein Müll, Plastik Alu Folie . Heute ist noch vieles doppelt verpackt das kostet ja auch Geld.vielleicht kommt das wieder .die Kinder bekamen noch ein kleinen Lutscher oder ein Bonbon das war auch immer schön ich kann mich noch gut daran erinnern.
Ich wünsche einen guten Start
wie gut auch in Karlsruhe sowas zu haben!