Als eines der inoffiziellen Wahrzeichen Karlsruhes begrüßt er Besucher, die mit dem Fernbus unsere Stadt erreichen und blitzt verschmitzt Autofahrer auf der Südtangente an: Der alte Wasserturm hinter dem Hauptbahnhof. Ein Freiwilligentrupp der Stadtwerke hat für diesen Sommer das denkmalgeschützte Gebäude in eine Pop-up Bar umgemodelt und macht das umliegende Areal zur Chillzone. Das Projekt ist auf vier Termine befristet, letzten Freitag war die Bar im Wasserturm zum ersten Mal geöffnet. Bei schönstem Wetter lungerte ein buntes Publikum auf selbstgebastelten Palettenmöbeln, genoss den Ausblick auf ungetrimmte Wildblumen und den Megaphallus bei entspannter Elektromusik. Für die Veranstalter war allerdings nichts mit ausruhen. Wir haben die Hauptverantwortlichen, Saskia und Marcel, für eine erste Bilanz nach dem unerwartet harten Soft Opening getroffen.
Ich höre immer Soft Opening, davon konnte am Freitag aber keine Rede sein – es war ziemlich voll! Konntet ihr selbst auch ein wenig mitfeiern?
Überhaupt nicht. Zum ersten Bier sind wir ungefähr gekommen, als alles vorbei war. Wir waren von Anfang bis Ende eingespannt. Fast schon Glück muss man es nennen, dass nach Mitternacht unsere Getränke zur Neige gingen – vom Ordnungsamt haben wir die Auflage, um eins Schluss zu machen. Es war viel leichter, die verbliebenen Leute mit dem Argument zum Gehen zu bewegen, dass all unsere Drinks ausverkauft sind. Musik aus, fertig. Wir waren dann allerdings noch bis etwa halb vier mit Aufräumen beschäftigt.
Es hatte fast was von einem Rave letzten Freitag, wie fandet ihr die Vibes?
Wenn wir mal Zeit hatten, aus dem Turmfenster zu spähen, hat uns die Stimmung auf jeden Fall gefallen. Es war sehr gemischtes Publikum: früh am Abend noch Mütter mit Kindern, kurz vor Schluss haben dann auch welche getanzt. So wünschen wir uns das – chillige Leute, die bei uns abhängen, was trinken und sich nett unterhalten. Discoprolls sind bei uns falsch.
Was nehmt ihr vom Opening an Erkenntnissen für die nächsten Events mit?
Mal kurz gesagt: Jede Menge falsch gemacht, aber war trotzdem cool. Es war ziemlich lehrreich. Am Abend vorher erstmal ein Schock – der Kühlwagen streikt, unser Wassereis ist wieder aufgetaut. Was die Besucherzahlen angeht, waren wir im Voraus überhaupt nicht sicher und wurden komplett überwältigt. Mit 200 Leuten etwa hatten wir gerechnet, es kamen um die 500. Hinter der Theke sind erstmal alle durcheinander gelaufen. Vor der Bar war der Ansturm enorm, darum gab es eine lange Schlange. Zu wenig Wechselgeld, also nochmal losfahren. Zu wenig Klopapier. Zu wenig Wein gekauft – wir hatten alles auf Bier gesetzt. Die Leute waren aber wirklich nachsichtig mit uns, keiner hat gepöbelt. Irgendwann hat unser Chef dann mit Herrn Hoepfner draußen Bier verteilt für den ganz dringenden Durst. Wir hatten auch spontane Unterstützung von Freunden und Kollegen, unser Anwalt hat sich zum Beispiel dazugestellt und Getränke ausgegeben.
Die Erträge der Pop-up Bar gehen an den Förderverein zur Unterstützung der onkologischen Abteilung der Karlsruhe Kinderklinik – wie finanziert ihr das Projekt?
Wir haben viele Sponsoren wie die Majolika und die Volkswohnung gefunden. Daraus hat sich nicht nur finanzielle Unterstützung ergeben, es sind auch viele Sachspenden eingeflossen und vor allem hatten wir Zugang zu einem unschlagbaren Netzwerk. Der Wasserturm und das Gelände gehören Hoepfner, wir dürfen das Areal aber für diese Veranstaltungen nutzen. Mit der Brauerei haben wir einen super Bier-Deal geschlossen, der Eis Fuzzy hat den Kühlwagen zur Verfügung gestellt und auch unsere Dixiklos können wir umsonst leihen.
Ihr seid alle keine Veranstaltungs- oder Gastroprofis, sondern arbeitet Vollzeit bei den Karlsruher Stadtwerken. Wie war es, eine Eventreihe zu organisieren und durchzuführen?
Die Organisation war mit 15 Leuten nicht immer einfach, darum haben wir beide die Projektleitung übernommen. Da wir alles in unserer Freizeit erledigen mussten, war besonders die heiße Phase kurz vor dem Opening schon stressig. Vorher weiß man als Laie nicht, worauf man sich einlässt: Veranstaltungsgenehmigung, Ordnungsamt, Möbel bauen, Aufräumen. Aus Versicherungsgründen haben wir dann noch ein Unternehmen gegründet, die KA Wasserturm UG. Dadurch sind wir haftungsbeschränkt und plötzlich eben auch Unternehmer.
Die Phallusform eurer Location wurde künstlerisch in Warhol-Manier inszeniert, was habt ihr innen so aus dem Wasserturm gemacht?
Nicht viel, das Gebäude ist ja denkmalgeschützt. Leider dürfen deshalb Besucher auch nicht in die erste Etage, was schade ist, weil wir sie echt schön hergerichtet haben. Und bei Regen wird es eng – außer der Theke ist im Erdgeschoss des Turms nicht viel Platz. Kommenden Freitag ist aber erstmal wieder gutes Wetter angesagt, also kommt auf ein Wassereis und ein kühles Getränk vorbei!
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Der Wasserturm steht in der Fautenbruchstraße hinter dem Hauptbahnhof und ist nicht zu verkennen. Eine Wegkarte findet ihr auf der Facebook-Seite der Pop-up Bar.
Die weiteren Termine:
Fr 30.6. // Fr 7.7. // Sa 8.7. // ab 19 Uhr
Hallo Leute, Termine meint ihr sicher 7.7. und 8.7., oder??
Gruß Kerstin
Ups! Danke, Kerstin!
Servus!
Hört sich extremst gediegen an! Der Text macht richtig Bock aufs Event! Toll geschrieben! Und 7.7.? Bin ich dabei!
Caro