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Jan Prax ist mit 23 Jahren bereits ein virtuoser und erfolgreicher Saxophonist. Zahlreiche Wettbewerbssiege, ein Stipendium und der Vertrag mit dem großen Label Act Music sprechen für sich. Am kommenden Donnerstag wird er bei einem Konzert im Tempel zusammen mit seinem Quartett das neue Album „Keepin’ a Style Alive“ vorstellen. In unserem Interview beantwortete uns Jan die Frage nach seinen Zukunftsplänen und erzählte von seinen Erfahrungen als Jazz-Musiker.

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Jan Prax ist mit 23 Jahren bereits ein virtuoser und erfolgreicher Saxophonist. Zahlreiche Wettbewerbssiege, ein Stipendium und der Vertrag mit dem großen Label Act Music sprechen für sich. Am kommenden Donnerstag wird er bei einem Konzert im Tempel zusammen mit seinem Quartett das neue Album „Keepin’ a Style Alive“ vorstellen. In unserem Interview beantwortete uns Jan die Frage nach seinen Zukunftsplänen und erzählte von seinen Erfahrungen als Jazz-Musiker.

Hallo Jan! Erzähl mal. Wie kam es zu dem Label Deal?

Ich habe mit meinem Quartett den Wettbewerb der Leverkusener Jazztage gewonnen. Der Leiter der Jazztage, Eckhard Meszelinsky, stand total auf uns und meinte, da müsse man was mit Act Music machen. Er hat dann den Chef von Act soweit gekriegt, dass er zu einem Gig von uns nach Berlin gekommen ist. Es gefiel ihm und er sagte, er würde sich in zwei Wochen melden. Schließlich wurde ich tatsächlich von Act angerufen und es hat geklappt. Die haben gesagt: “vier Alben.”

Hast Du den Vertrag noch irgendwie geprüft oder muss man da gewisse Dinge beachten? Das unterschreibt man ja nicht einfach im Vorbeigehen.

Das stimmt. Auf der anderen Seite kannst du dir als junger Typ auch nicht viel erlauben. Wenn man bei einem so großen Label ist, muss man schon zufrieden sein. Ich denke ich habe da einen guten Deal gemacht. Für die Situation im Jazz sowieso, da kann ich mich echt nicht beschweren.

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Ihr habt an sehr vielen Wettbewerben teilgenommen und auch viele gewonnen. Wie wichtig ist es, da mit zu machen?

Ich finde es sehr wichtig. Man macht gute Erfahrungen. Diese nervenaufreibenden Situationen, das bringt einen schon weiter. Außerdem haben die meisten Wettbewerbe auch eine gute PR. Das heißt, wenn du den gewinnst, dann kriegst du hier mal ein paar Gigs und da mal ein paar Artikel.

Auch wenn du nicht gewinnst.

Ja eben. Vielleicht sitzt da trotzdem irgendein Veranstalter im Publikum, der sagt: “Mir hat es trotzdem gefallen, ihr kriegt nen Gig.” Natürlich gibt es auch immer etwas Gutes zu gewinnen. Kohle oder so, das kann man immer gut gebrauchen.

Was musstet ihr für die Teilnahme investieren? Hätte es sein können, dass ihr am Ende nur draufzahlt?

Das Risiko muss man eingehen.

Was war euer Risiko in Leverkusen?

Im schlimmsten Fall bleibst du eben auf den Reise- und Hotelkosten sitzen. Und das können schon mal 600 bis 700 Euro werden, wenn die Bandmitglieder von überall anreisen. Der Druck ist dann auch höher, weil es schon gut wäre, wenigstens das wieder rauszuholen.

Bist Du in deinem Quartett dann auch für die anderen Mitglieder verantwortlich?

Wir teilen alles durch Vier. Wir ziehen am gleichen Strang. Es ist nicht so, dass ich der Frontmann bin und die anderen stehen im Schatten, sondern wir sind möglichst gleichberechtigt.

Ging das alles erst mit dem Wettbewerb in Leverkusen so richtig los?

Ja. Zwei Monate davor hatte ich die Band erst gegründet und hatte ein paar Songs mitgebracht. Ich habe mich da einfach angemeldet. Man kann es ja mal versuchen. Es hatte tatsächlich geklappt und dann ging es erst richtig los, weil ich gemerkt habe, dass da auch was zu holen ist.

Wie viele bewerben sich dort?

Das waren echt viele. 155 oder so. Und alle können spielen, das ist das Problem. Sieben kommen dann ins Halbfinale und zwei ins Finale.

Ihr habt im Finale mit 131 zu 100 Stimmen gewonnen. Das ist für so einen Wettbewerb ziemlich eindeutig.

Ja, aber die anderen waren alle trotzdem Top- Musiker. Bodek Janke am Schlagzeug zum Beispiel.

Gibt es jemanden, mit dem Du in Zukunft unbedingt zusammen spielen möchtest?

Das ein oder andere wird sich sicher auch über das Label ergeben. Wolfgang Haffner wäre auf jeden Fall toll. Oder auch Till Brönner, das sind gute Typen. Was natürlich cool wird, ist jetzt im Mai. Da wird es eine Allstar- Band geben, die Thomas Siffling zusammengestellt hat. Da werden schon mal ein paar Wünsche in Erfüllung gehen. Christian Randalu, Peter Lehel, ich spiel auch mit. Das wird eine richtig gute Band.

Was machst Du, wenn Du etwas bestimmtes üben musst, aber null Bock darauf hast und lieber etwas anderes spielen würdest?

Ich studiere ja und wenn ich ein Charlie Parker Solo lernen soll, dann finde ich daran auch meinen Spaß. Auch wenn ich in dem Moment mehr Bock auf etwas anderes habe. Aber ich höre sowieso so viel Musik, dass ich immer auf meine Kosten komme. An sich ist Tradition aber sehr, sehr wichtig für mich. Das hört man bei allen guten Musikern, dass sie die Tradition gecheckt haben, weil erst dann bekommen sie als Künstler diese Tiefe.

Hast Du jemanden, der Termine koordiniert und bei der Organisation hilft?

Nein. Was man nicht selber macht, wird nicht richtig gemacht.

Wie viel Prozent Büro-Job ist das demnach inzwischen bei dir?

20 bis 30 Prozent. Es geht. Ich übe immernoch sehr viel. Fünf bis sieben Stunden am Tag und morgens mache ich das ganze Booking- Zeug. Ich habe viele Projekte und unregelmäßige Abläufe. Dann schlafe ich bis um 11, weil ich um Vier Uhr nachts erst im Bett war. Später muss ich zu irgendeiner Probe und abends zum Gig. Es ist schwer da eine Routine reinzubringen. Man muss immer spontan und flexibel sein.

Thema Gigs. Musst du viel selbst anfragen oder kommt euch das grad alles zugeflogen?

Man muss sehr viel selbst organisieren, seinen Arsch hochkriegen und anrufen.

Was für Erfahrungen hast du da so gemacht?

Die meisten Veranstalter sind überfordert. Ein Jazzclub kriegt so 40 Anfragen am Tag. Selbst wenn man bekannt ist, heißt das nicht automatisch, dass man überall spielen kann. Es ist extrem schwer sich da einen Ruf zu erarbeiten. Und die junge Jazz-Szene wird ohnehin nicht gefördert.

Muss man das aber nicht auch verstehen? Immer weniger Leute sind bereit Geld für ein Konzert auszugeben, warum sollten solche Veranstaltungen dann noch gefördert werden? Wie wichtig ist es also auf der einen Seite eine Kultur zu fördern und wie berechtigt ist es auf der anderen Seite so etwas fallen zu lassen?

Heikles Thema. Also ich denke, die Leute geben ihr Geld nicht für Alles aus. Wenn sie wo hingehen, erwarten sie ein ganzes Paket, das stimmen muss. Die wollen nicht einfach super Musik hören, denn die blicken sowieso das meiste nicht. Aber was sie blicken ist Energie, Präsenz und Performance.

Das heißt?

Die wollen niemanden, der im T-Shirt auf der Bühne steht und vergammelt. Und da sind sich viele Jazzmusiker zu schade und auch selbst schuld, dass sie das Image von Jazz kaputt machen. Emotional abgeklärt und mit wenig Emotionen, diese Richtung von Jazz halt. Es ist wichtig, dass man Leute zieht, die nicht jeden Tag diese Musik hören. Die meisten verstehen glaube ich gar nicht, dass Jazz Live etwas völlig anderes ist. Sie haben auch keinen Bock sich mit etwas auseinander zu setzten. Die denken sie haben keine Zeit – Sie haben genug Zeit, eigentlich. Einfach nur berieseln lassen wollen. Möglichst wenig zahlen, möglichst wenig Hirn einschalten. So kriegst du natürlich auch keinen guten Genuss hin. Für einen guten Whiskey musst du auch bisschen mehr bezahlen und brauchst Zeit. Schmeckt halt anders als ein Billiger.

Der Billige turnt auch.

So ist es eben heute. Hauptsache es knallt, aber es gibt eben auch noch andere Ebenen.

Zurück zur Musik. Hast Du eine bestimmte Vorstellung von dem Sound, den Du haben willst?

Der Stil entwickelt sich aus den Einflüssen. Was du hörst, mit wem du spielst und was du halt einfach gut findest. Mein Stil ist sicher von der Tradition geprägt. Coltrane, Charlie Parker, Miles Davis, ist ja klar. Aber auch von den neuen Sachen. HipHop und Soul. Allerdings denke ich nie darüber nach. Ich denke nicht “Jetzt schreibe ich mal ein Song mit dem Beat.” Das kommt immer spontan. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Songs, bei denen man sich etwas Bestimmtes vornimmt, nie gut werden. Wenn du dir zu viele Gedanken über das machst, was die Leute hören wollen wird es nichts. Was sie wollen ist nicht das, wovon der Musiker denkt “Das gefällt ihnen.” Die wollen einen selbstbewussten Künstler, der versucht, sie zu überzeugen. Das ist ihnen viel wichtiger. Wenn sie sehen, der will uns nur gefallen, ist das ein Abturn.

Ist es eines deiner Ziele, aus Deutschland rauszukommen? Einfach um noch mehr zu lernen?

Ja. Ich war vor 2 Jahren schon mal eine Woche in New York und das hat mich extrem geflasht. Das war echt geil.

Was war so beeindruckend?

Einfach zu wissen, dass das alles von dort kommt. Die Typen sind auch in der U-Bahn gefahren und in den Clubs gewesen. Du bist wie auf einem Trip. Ich hatte an einem Abend die Auswahl zwischen Kenny Garrett, B.B. King und James Carter. Du kannst da bis 6 Uhr morgens gute Musik hören und eine gute Zeit haben. Ich war dort im Mc Donalds und da lief knallhart John Coltrane, Blue Train Album.

Du hast ein Stipendium für das Berkeley College of Music. Wie kam es dazu?

Eigentlich wollte ich ja direkt nach der Schule in die USA, nach Berkeley, in Boston. Ich wusste, das klappt nur mit einem Stipendium, denn das kostet 40.000 Dollar pro Jahr.

Dann bist Du dorthin und hast vorgespielt?

Nein, die machen so eine World Tour und waren eben auch in München. Ich war dann dort bei der Audition, habe vorgespielt und auch ein 20.000 Dollar Stipendium bekommen.

Was muss man da vorspielen?

10 Minuten, zwei unterschiedliche Stücke, Solo.

Egal was?

Ja.

Das heißt: Du musst wissen, was die wollen.

Ja und vor allem was du kannst. Zwanzigtausend waren mir aber im Endeffekt zu wenig und ich habe mir gedacht, ich versuche in Deutschland erstmal irgendwie hoch zu kommen. Und dann habe ich im ersten Semester direkt das Ding in Leverkusen gewonnen. Das ist natürlich alles super gelaufen. Im Nachhinein war es eine sehr gute Entscheidung, hier zu bleiben.

Aber der Plan in Amerika zu studieren besteht noch?

Ja, aber nicht in Boston, sondern in New York. Da sind halt die ganzen guten Musiker. Ich habe ja jetzt hier auch ein Stipendium. Studienstiftung des deutschen Volkes, die fördern auch Auslandsaufenthalte. Ich will einfach dort sein, die Typen jeden Tag hören, Jamsessions spielen und so.

Warum gehst Du nicht nach Berlin?

Berlin ist cool. Viele gute Musiker, aber halt keine Kohle. Ich habe dort gespielt. Ausverkaufter Club, das B-Flat, einer der zwei angesagtesten Jazzclubs dort. Auf Eintritt , wie überall. Am Wochenende gibt es 50 Euro feste Gage pro Musiker. Unter der Woche waren das bei uns dann 40 Euro pro Musiker und es war ausverkauft. Ich habe mir nur gedacht “Im Ernst man? Komm schon, der Club war voll, die Leute fanden es gut und haben sicher viel getrunken”.

Naja gut, die ganzen Jazzclubs haben selbst nicht viel Kohle. Und die Betreiber machen das wahrscheinlich eher, weil sie die Musik lieben, als um reich zu werden. Die werden auch schauen müssen, wo sie bleiben.

Ja sollen doch die ganzen reichen Säcke in Deutschland mal was abdrücken. Nach fünf Ferraris reicht es doch irgendwann.

Kultursteuer?

Ja, so was wäre mal eine gute Idee. Es gibt so viele reiche Menschen in Deutschland. Der Chef von Act Music ist auch sehr betucht, Kunstsammler. Er hat ein sehr großes Vermögen und der investiert sehr viel in sein Label und deswegen geht da auch was. Das ist geil man, solche Leute braucht es einfach. In Frankreich ist das zum Beispiel ganz gut geregelt. Da bekommst du als Musiker ein festes Gehalt vom Staat, jeden Monat.

Du gehst mit deiner Gitarre zum Arbeitsamt, sagst du bist Musiker und kriegst Kohle?

Du musst nachweisen, dass du eine bestimmte Anzahl von Gigs spielst im Jahr. Wenn Du aus dem Ausland kommst kriegst du 100 Euro pro Gig. Hier kratzen viele Jazzmusiker am Limit. Es ist wichtig, dass man bedingungslos dahinter steht und immer weiter macht. Ich mache das, weil ich es liebe.

“Ich liebe Musik, Musik ist mein Leben”, das sagen viele.

Ja, man muss dann auch was dafür tun. Wie gesagt, ich übe jeden Tag fünf bis sieben Stunden. Ich muss auch viele Kompromisse eingehen. Letzten Sommer war ich kein einziges Mal im Freibad. Man muss einfach jeden Tag seinen Arsch hochkriegen.

Also musst du dich manchmal selbst dazu zwingen?

Naja, betrachte es mal so: bei einem normalen Job kannst du dir auch nicht überlegen, ob du jetzt grad Bock hast aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Du gehst einfach hin.

Hast Du größere Pläne für die Zukunft, oder steht jetzt erstmal das neue Album im Mittelpunkt?

Das Album.

Verdienst Du damit dann auch Geld?

Ich kriege einen bestimmten Betrag pro verkaufter CD, ich weiß aber nicht genau wie hoch der ist. Irgendwo im Vertrag steht das. Es geht hauptsächlich um die PR, über die Act Music verfügt. Wenn die CD rauskommt, wird das in allen Jazz-Zeitschriften sein. Überall hat Act eine fette Seite, das kann man nicht übersehen. Ich habe gelernt, dass zuerst Ruhm und Ehre kommt und viel, viel später kommt dann das Geld. Mir geht es sicher nicht schlecht, aber das sind jetzt die Lehrjahre, die es im Jazz einfach braucht, um hochzukommen.

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Du hast aber grundsätzlich schon eine sehr gute Basis geschaffen für die kurze Zeit. Zieht das auch eine gewisse Erwartungshaltung mit sich?

Oh ja. Überall, wo ich spiele, wissen die Leute schon Bescheid. “Der Junge ist 23, jetzt schauen wir mal ob der wirklich spielen kann.” Immer dieses Gelaber. Aber das muss man akzeptieren. Es pusht mich auch automatisch immer, weil ich weiß, ich muss was bringen. Und dann übt man auch, wenn man Druck hat. Das ist wie beim Sport – da siehst du halt, wer was gemacht hat und wer auf der Couch hocken bleibt. Wobei man immer mehr machen könnte, man ist nie am Ende.

Danke für das Interview!

Das Konzert findet am 14.05. um 20 Uhr in der Scenario Halle statt, Abendkasse kostet 18€ (ermäßigt 16€ bzw. 13€), Tickets im Vorverkauf sind hiererhältlich.

Web:

Homepage Jan Prax
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Das Interview führte Tim Lehmann.

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