Dark Light

Aus dem Schatten ins Licht

Girlz Rap – Hiphop Horray?

Filme über Rapper und über die Hiphop-Kultur gibt’s zu Genüge. Aber ein Film über Frauen im Hiphop ist eine Seltenheit. Genau diese Seltenheit hat Catharina Balk aus Karlsruhe vor einiger Zeit produziert. In ihrem Film „Aus dem Schatten ins Licht“ untersucht sie die Hintergründe des Hiphops – aus weiblicher Sicht. Die zentrale Frage: Wieso gibt es so wenige aktive Frauen im HipHop? Fehlen die Skills oder einfach nur das Testosteron? Oder trauen sie sich nicht oder sind nicht hart genug für diese Art von Musik? In zahlreichen Interviews mit verschiedenen aktiven Frauen in Berlin, Hamburg, München und Mannheim ist sie diesem Phänomen nachgegangen.

Um den Film redaktionell zu fundieren, hat sich unsere Redakteurin Dorothea die Zeit genommen und Catharina ein paar Fragen gestellt.


Interview mit Catharina Balk
Bericht und Interview von Dorothea Reichert

Aus dem Schatten ins Licht

Du beschäftigst dich also mit Hiphop und Hiphop-Kultur. Seit wann machst du das?

Ich habe das Thema Hiphop erstmals im Rahmen des Films untersucht, welcher Teil meiner Diplomarbeit während des Studiums war. Vorher war ich einfach begeistert von dieser Kultur und bin dies immer noch. Die Dokumentation war vorerst ein einmaliges Projekt.

Wie kam’s dazu? Bist du jahrelanger Hiphop-Fan?

Definitiv. Wobei ich erst relativ spät mit der regionalen Szene in Berührung gekommen bin. Zuvor habe ich einfach sehr gerne und viel Hiphop-Musik gehört. Auf dem Berufskolleg in Bretten war ich dann mit Raki von der NRA in einer Klasse und wir haben uns angefreundet. Er hat mich dann mal mit ins Topsy genommen. Wenn ich mich recht erinnere, traf man sich dort wöchentlich zum „gemütlichen Beisammensein“. Ich habe also einen Pforzheimer, Raki, gebraucht, um die Karlsruher Szene kennen zu lernen. Während meines Studiums ist mir dann aufgefallen, welche Präsenz Hiphop in der Sozialen Arbeit hat, um über diese Plattform zum Beispiel Jugendarbeit zu gestalten. So kam ich dann auf die Idee, etwas in dieser Richtung zu machen. Einen Film anstelle einer üblichen schriftlichen Ausarbeitung zu machen, war dann aber schon eine Hürde, die ich nehmen musste. Ich hatte vorher keinen Plan vom Filmen und den entsprechenden Bearbeitungsprogrammen. Das merkt man der Dokumentation teilweise auch an. Aber für Sozialarbeiterinnenverhältnisse kann sich das fertige Stück dennoch sehen lassen.

Du hast also auch die Karlsruher HipHop Szene kennengelernt.Wie sieht‘s denn deiner Meinung nach mit der Hiphop-Kultur hier aus? Geht was?

Karlsruhe hat eine Szene, die über die Jahre gesehen mal mehr und mal weniger präsent ist, gerade im Vergleich zu anderen Städten. Aber sie entwickelt sich stetig weiter und wenn man dafür offen ist, liefert sie einem immer wieder neue Impulse.

Gibt’s hier viele Frauen, die aktiv sind?

Aktive Frauen sind in Karlsruhe etwas Seltenes. Wobei das ja kein regionales Phänomen ist, sondern sich generell feststellen lässt.

Was lässt sich denn generell feststellen? Um was geht’s in deinem Film über die Hiphop-Kultur?

Der Film beschäftigt sich mit aktiven Frauen aus der Hiphop-Szene. Hierbei stehen vor allem die Rapperinnen im Vordergrund. Die Kernfrage des Films ist, warum der Frauenanteil von Aktiven verhältnismäßig so niedrig ist.

Welche Rapperinnen hast du für diesen Film interviewt und wo?

Die meisten der Interviews fanden in Berlin statt. Giva hat dort eine zeitlang gelebt und ich durfte ihre Kontakte nutzen. Dort habe ich unter anderem Ninjah und Roxy von Jeneez sowie Sookee interviewt. Fiva hatte zu dem Zeitpunkt einen Auftritt bei der Karlsruher Museumsnacht, sodass ich auch sie treffen durfte. Suza wiederum habe ich in einem Jugendhaus in der Nähe von Stuttgart interviewt und FeeBee im Landkreis von Karlsruhe. Ich hatte ziemlichen Bammel davor, auf die alle zuzugehen. Schließlich habe ich mich vorrangig aufgrund ihres Geschlechts für sie interessiert. Mit diesem Hintergrund habe ich ehrlich gesagt mit viel Ablehnung gerechnet. Umso überraschender ist es noch heute für mich, wie gut die Resonanz war.

Frauen sind generell in der Minderheit in dieser Musiksparte. Auch, was die anderen Elemente des Hiphops, wie zum Beispiel Break-Dance, betrifft. Trauen sich Frauen nicht?

Mit Sicherheit gibt es einige Frauen, die Skills haben aber mit diesen nicht in den Vordergrund treten, weil sie Hemmungen haben. Andere Gründe spielen eine wichtigere Rolle, wenn es um die Frage der Minderheit geht.

Welche anderen Gründe konntest du in deinen Interviews ausfindig machen?

Einer der Hauptgründe lässt sich finden, wenn man die Hiphop-Kultur nicht isoliert betrachtet, sondern in Zusammenhang mit gesamtgesellschaftlichen Prozessen stellt. Wir alle werden ja von bestimmten Normen, Werten und Vorstellungen geprägt. Innerhalb dessen lässt sich feststellen, dass es hierbei unter den Geschlechtern zu starken Abweichungen kommen kann. Es bestehen feste Bilder, was beispielsweise typisch männlich und was typisch weiblich ist oder welche Eigenschaften eher einem weiblichen Charakter und welche eher einem männlichen Charakter zugeschrieben werden. Man kann sagen, dass in der Hiphop-Kultur Eigenschaften abgerufen werden, die in unserer Gesellschaft männlich besetzt sind. Hierunter fallen unter anderem der Wettbewerbscharakter und die sehr direkte und klare Linie, sich auszudrücken. Mit viel „weiblichem Schnörkel“ hat diese Kultur ja nun nicht gerade zu tun.

Es gibt also weniger Frauen im Hiphop gibt. Fehlen die Vorbilder, denen man nacheifern kann?

Das ist für mich ein ziemlich zwiespältiger Punkt. Auf der einen Seite würden mehr Frauen auch mehr Vorbilder bedeuten, die Orientierung geben können, mit denen man sich identifizieren kann. Aber auf der anderen Seite gibt es ja inzwischen einige aktive Frauen, auch wenn diese in der Minderheit sind. „Anschauungsmaterial“ ist daher meiner Meinung nach genug vorhanden, sodass ich nicht denke, dass fehlende Vorbilder der ausschlaggebende Punkt ist.

Haben Frauen, die rappen, bestimmte Sozialisierung oder Charakterzüge gemeinsam?

Das habe ich vor den Interviews stark vermutet. Aber nicht alle Interviewten sehen einen direkten Zusammenhang zwischen ihrer Sozialisation und ihrer aktiven Rolle in dieser Kultur. Zumindest aber einige, wie Suza, Ninjah und Roxy. Ninjah hat bspw. erzählt, dass sie als Mädchen unbedingt Cheerleading machen wollte. Ihr Vater hat ihr das dann aber verboten und gemeint, dass sie wenn eine von den Spielerinnen auf dem Feld sein soll und keine, die am Rand steht. Dieses Beispiel sei für Ninjah signifikant für ihre ganze Erziehung und daher denke ich schon, dass bei manchen hier eine gewisse Grundlage geschaffen wurde, welche Einfluss auf die Charakterbildung und die Eigenschaften hat.

Wie werden rappende Frauen von männlichen Rappern wahrgenommen?

Die meisten der interviewten Rapperinnen fühlen sich zu Beginn vorrangig als Frau wahrgenommen und erst im zweiten Schritt als Künstlerin. So wird oft erstmal das äußere Erscheinungsbild einer Frau bewertet, bevor der Inhalt ihrer Texte relevant wird. In dem Punkt haben es Frauen bestimmt schwerer, wobei die Frauen untereinander sich häufig in der gleichen Reihenfolge abchecken.

Worüber rappen Frauen dann? Welche Inhalte bringen Frauen rüber?

Unter den Frauen sind genauso verschiedene Stilrichtungen gegeben, wie bei den Männern auch. Eine Ninjah hat eine ganz andere Art zu rappen, wie eine Fiva. So sehe ich das mit den Inhalten auch. Der Unterscheid mag darin liegen, das manche Themen speziell aus der Sicht einer Frau behandelt werden.

Dissen ist elementarer Bestandteil des Rappens. Wie sieht das bei Frauen untereinander aus?

Für mich ist Dissen beim Rap nichts Elementares, beim Battle-Rap oder insbesondere beim Freestylen bestimmt. Aber Rap hat sich ja ein weites Feld erschlossen und kann darauf nicht reduziert werden. Es existieren viele parallel laufende Stile. Sicherlich haben einige weibliche MCs starke, angriffslustige und battlelastige Texte, welche sich meines Erachtens nach aber nicht gezielt gegen andere aktive Frauen aufgrund ihres Daseins als Frau richten. Die männlichen MCs dissen sich ja auch nicht allein aufgrund ihrer Männlichkeit untereinander. Interessant bleibt dennoch, wie die recht wenig aktiven Frauen untereinander hinter den Kulissen zueinander stehen. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass Karin Offenwanger recht damit hat, dass viel hintenrum gelästert wird, was ja eher als weibliche Eigenschaft betrachtet wird. Wobei ich auch schon genügend männliche Lästermäuler ausfindig machen konnte.

Ihr seid auch bei der Organisation der Acts auf der Zeltbühne beim Fest in Karlsruhe aktiv. Nehmt ihr hier auch weibliche Acts im Fokus?

Also, erstmal muss ich richtig stellen, dass die Zeltbühne vom Musikmobil Soundtruck, einer Einrichtung des Stadtjugendausschusses Karlsruhe e.V. , organisiert wird. Hiob war jahrelang an den Freitagen, also an den Hiphop-Tagen, organisatorisch stark beteiligt. Ich als seine Freundin bin dann mit eingestiegen. Seit diesem Jahr haben wir uns jedoch zurückgezogen, weil es beruflich inzwischen schwer zu vereinen ist. In den letzten Jahren hatten wir durchaus weibliche Acts, wie Pyranja oder auch Jeneez. Wobei wir nicht gezielt nach weiblichen Acts gesucht haben, sondern die Acts sich mehr durch ihr Können ausgezeichnet haben, als durch ihre Weiblichkeit.

Wie sucht ihr die Gigs raus?

Grundsätzlich können sich die Künstler jedes Jahr beim Musikmobil Soundtruck um einen Gig auf der Zeltbühne bewerben. Dies betrifft vor allem die regionalen Acts, welchen die Zeltbühne an den Freitagen ja eine Plattform bieten möchte. Parallel dazu haben wir immer geschaut, was in der Szene gerade aktuell abgeht und wer für uns interessant sein könnte. Wobei das am Ende des Tages natürlich auch immer eine finanzielle Frage ist.

Wie sieht für dich die Zukunft des Frauen-Hiphops aus?

Eine Prognose kann ich nicht abgeben. Aber Ich hoffe einfach, dass Frauen, die was drauf haben, raus gehen und sich zeigen. Ich weiß, dass auch hinter manchen Karlsruher Türen Potential vor sich hinschlummert, welches mal dringend geweckt werden sollte.

Vielen Dank für das Interview!

Bericht und Interview von Dorothea Reichert

Aus dem Schatten ins Licht

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