Langsam geht es auf den Sommer zu. Die Corona-bedingten Einschränkungen rücken mehr und mehr in den Hintergrund und wir freuen uns auf den Frühling, den Sommer, aufs draußen-sein. Mit entspannten Biergarten-Besuchen, Kaffeetrinken in der Sonne, abends in der Lieblingsbar Cocktails schlürfen, Feiern gehen. Wir freuen uns darauf, uns wieder uneingeschränkt bewegen und das Stadtleben genießen zu können. Für wen die Rückkehr zum Normalzustand aber noch weit entfernt scheint, ist die Gastronomie.
Die Einbußen, die in mehr als zwei Jahren Pandemie entstanden sind, sind noch heftig zu spüren. Viele Restaurants, Cafés, Bars und Clubs haben noch zu kämpfen. Viele haben lange Zeit gebangt, ob es überhaupt weitergehen kann, ob diese Zeit finanziell stemmbar ist, und konnten nur durch finanzielle Hilfen überleben – die jetzt wieder an den Staat zurückgezahlt werden müssen. Aber womit? Bis vor kurzem noch waren massive Einschränkungen geboten, davor gab es mehrere Phasen der Schließung – bis sich die Kassen wieder füllen und Rücklagen aufgebaut werden können, vergeht sicher noch eine Weile.
Nun fiel die Entscheidung der Stadt, dass gastronomischen Einrichtungen die Sondernutzungsrechte, die ihnen während der Pandemie eingeräumt wurden, zum 31. März entzogen werden und wieder die regulären Gebühren dafür bezahlt werden müssen. Das bedeutet, dass viele Läden ihre Außenfläche stark verkleinern oder ganz aufgeben müssen und dadurch wesentlich weniger Sitzplätze im Freien haben. Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig, denn die Situation ist nach wie vor dieselbe: Die Corona-Zahlen sind hoch, es gilt immer noch, Abstand zu halten, und die Menschen fühlen sich im Freien wohler und sicherer als in Innenräumen. Die Entscheidung der Stadt trifft daher vor allem von Seiten der Gastronominnen und Gastronomen auf Unverständnis.
In einem offenen Brief haben der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und die City Initiative Karlsruhe (CIK) deshalb die Mitglieder des Karlsruher Gemeinderates gebeten, diese Entscheidung zu überdenken und die Sondernutzungsrechte auch über den 31. März hinaus aufrechtzuerhalten. Die erweiterten Außenflächen bezweckten keineswegs eine bloße Umsatzsteigerung, sondern seien für das wirtschaftliche Überleben vieler Betriebe schlichtweg notwendig. „Wer denkt, die Pandemie macht ab April Sommerurlaub und die Gastronomie hat sich längst erholt, der ist auf dem Holzweg. Vielmehr ist eine vielfältige und engagierte Gastronomie neben einem attraktiven Handel sowie einer bunten Kultur- und Veranstaltungsszene ein essentieller und wichtiger Bestandteil einer attraktiven und lebendigen Stadt,“ so Frank Theurer, Geschäftsführer der CIK. Wenn eine Gebührenbefreiung nicht möglich ist, dann sollen die Sondernutzungsrechte zumindest zu einem zumutbaren Betrag gewährt werden – so die Bitte der Unterstützer des offenen Briefes.
Vor allem für kleinere Betriebe wie das Burger-Restaurant DeliBurgers in der Akademiestraße oder die Cocktailbar The Door in der Hirschstraße wäre der Wegfall des Außenbereichs schwerwiegend und auch aus Besuchersicht sehr bedauernswert. Lukas Möller, Geschäftsführer von DeliBurgers, ist sich bewusst, dass die Nutzung der Parkflächen oder Gehwege nicht dauerhaft gebührenfrei sein kann: „Wir und viele andere Gastronominnen und Gastronomen sind bereit, uns sowohl in der Gestaltung der Terrassen an Auflagen zu halten als auch uns Gebühren unterzuordnen. Gebt uns Auflagen, erhebt Gebühren – aber was wir uns nicht wünschen, ist, dass die Terrassen alle wieder den Autos weichen müssen, dass die Innenstadt immer karger und weniger lebendig wird.“ Auch für den Einzelhandel sei dies eine wichtige Entscheidung, denn in Zeiten des Onlinehandels kämen die Leute nicht mehr primär zum Einkaufen in die Stadt. Der Anziehungspunkt sei oft viel mehr die Gastronomie. „Wir brauchen eine attraktive Innenstadt, damit Leute auch in den Einzelhandel kommen.“
Es ist daher zu hoffen, dass der Gemeinderat dieser Bitte nachkommt und sich in der Sitzung am kommenden Dienstag, bei der dieses Thema auf der Tagesordnung steht, für eine lebendige Innenstadt entscheidet, in der mehr Flächen für die Gastronomie und ihre Besucher und weniger für parkende Autos genutzt werden.