In diesen außergewöhnlichen Zeiten haben wir uns vorgenommen, wieder vermehrt Kulturschaffende und Vertreter*innen von Kultureinrichtungen und Institutionen zu Wort kommen zu lassen. Wir möchten erfahren wie es ihnen ergeht und wie sie mit der aktuellen Situation umgehen.
Den Auftakt macht der neue Kaufmännische Geschäftsführer der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Florian Trott. Mit ihm haben wir über seinen neuen Tätigkeitsbereich, Museumsarbeit während eines Lockdowns, den neuen Podcast der Kunsthalle Karlsruhe und die für 2021 angekündigte temporäre Schließung gesprochen.
Ein spannender Einblick hinter die Kulissen der Kunsthalle. Viel Spaß mit dem Interview!
Bitte stellen Sie sich unseren Leserinnen und Lesern kurz vor. Wer sind Sie und was machen Sie?
Mein Name ist Florian Trott, ich bin seit 1. September 2020 der Kaufmännische Geschäftsführer der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Zuvor habe ich dort drei Jahre die Abteilung Kommunikation geleitet und war zudem der Beauftragte für die digitale Strategie des Museums. Ich habe Kultur- und Kommunikationsmanagement studiert und bin seit mittlerweile 15 Jahren in unterschiedlichen Positionen im Kultur- und Museumsbereich tätig.
Wie kann man sich die Tätigkeit des Geschäftsführers in einem Museum für Bildende Kunst vorstellen? Was sind dabei die wichtigsten Aufgaben und die größten Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt?
Als Kaufmännischer Geschäftsführer bildet man gemeinsam mit der Direktorin den Vorstand und ist für die strategische und programmatische Ausrichtung des Hauses zuständig. In meinem Geschäftsbereich liegt die Verantwortung für die Bereiche Personal, Finanzen und Controlling sowie für die Organisation des Museumsbetriebs inklusive Gebäudemanagement. Als Kaufmännischer Geschäftsführer zeichne ich weiterhin für die Kommunikation verantwortlich und werde auch von dieser Position die digitale Transformation des Hauses eng begleiten und voranbringen. Gerade in einem Museum, das auf eine 175jährige Tradition zurückblicken kann, bedarf es – um eine nachhaltige Veränderung erzeugen zu können – einer soliden und vorausschauenden digitalen Strategie.
Die größten Herausforderungen sind die derzeitige Corona-Pandemie, die uns an vielen Stellen zum Umdenken zwingt und die den Museumsalltag sehr verändert hat, zugleich aber auch ungeahnte Kräfte und neue Potenziale freisetzt. Die Kunsthalle insgesamt befindet sich seit einiger Zeit in einem sehr großen Transformationsprozess: Wir stehen vor einer großen Sanierungsmaßnahme. Den Aus- und Umzug vorzubereiten sowie die Planungsphase des Bauvorhabens zu begleiten, bedeuten eine große Kraftanstrengungen, nicht nur für mich, sondern für das gesamte Kunsthallen-Team. Motivation ist dabei die Aussicht auf ein zeitgemäßes Museum, das ein attraktiver Ort der Begegnung mit Kunst ist – auch für neue Zielgruppen.
Wir befinden uns nun im zweiten Lockdown innerhalb eines Jahres. Welche Lehren ziehen Sie daraus für die Museumsarbeit?
Die Corona-Pandemie hat in diesem Jahr für uns alle zu gravierenden Veränderungen und erheblichen Einschränkungen geführt. Die Pandemie hat meines Erachtens deutlich gemacht, wie fragil unsere Gesellschaft ist. Dass Museen nun seit November wieder geschlossen sind, ist bitter. Aber ich bin mir sicher, dass die politisch Verantwortlichen diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben und alle Argumente sorgfältig abgewogen werden. Die Pandemie hat der digitalen Transformation einen großen Schub verliehen – dies gilt natürlich nicht nur für die Museen, aber besonders dort. In der Kunsthalle konnten wir im ersten Lockdown auf den Digitalprojekten aufbauen, die wir zuvor im Team umgesetzt hatten, wie etwa die neue Website mit der Sammlung online, den Kunsthallen-Blog sowie unsere Präsenzen in den Sozialen Medien. Wir haben seitdem neue Formate entwickelt und umgesetzt, nennen möchte ich hier den Podcast oder Kunsthallen-DIYs. Eine Lehre aus den Lockdowns ist für mich, dass wir zukünftig die analoge und digitale Museumsarbeit noch stärker zusammendenken müssen.
Im Sommer eröffnete in der Kunsthalle Karlsruhe die Sonderpräsentation “Systemrelevant” und widmete sich damit einer hochaktuellen Thematik rund um die Relevanz und der vermeintlichen Irrelevanz von gesellschaftlichen Teilbereichen wie der Kunst und der Kultur. Was wollte die Kunsthalle Karlsruhe mit dieser Ausstellung zum Ausdruck bringen und zur Diskussion stellen?
Wir wollten mit dieser Sonderpräsentation einen Zwischenruf zur Debatte um den Begriff der Systemrelevanz geben, der immer auch die Kehrseite: die „System-ir-relevanz“, impliziert, also all das, was als verzichtbar gilt. Doch wie sähe unsere Gesellschaft dauerhaft ohne die nicht-systemrelevanten Bereiche – ohne Kultur, Mode oder Sport etc. – aus? Wir hatten deshalb Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft eingeladen, Statements mit ihren Gedanken zum Begriff Systemrelevanz zu verfassen. Diese Statements haben wir in Zusammenspiel mit Werken aus der Sammlung der Kunsthalle präsentiert, die auf unterschiedliche Art und Weise das Thema Krise behandelten. Die Ausstellung wurde so auch ein Ort des aktuellen Diskurses und seiner unterschiedlichen Perspektiven. Für uns als Haus war das insofern eine spannende Erfahrung, da wir sehr schnell reagiert und mit kurzem Vorlauf das Projekt umgesetzt haben. Das ist für Museen eher ungewöhnlich, da große Ausstellungsprojekte sonst eine sehr lange Vorbereitungsphase haben und diese auch benötigen.
Während des Corona Lockdowns haben Sie einen hauseigenen Podcast gestartet. In “Kunstgedanken” kommen Menschen aus Kunst, Kultur und Gesellschaft zu Wort um ihre Ideen und Visionen von Museen und Kunst zu teilen. Wie wurde dieses Format von Ihren Besuchern angenommen und planen Sie den Podcast auch über die Zeit der akuten Corona Pandemie hinaus zu betreiben?
Die Idee eines Kunsthallen-Podcast haben wir im Team schon längere Zeit diskutiert. Der erste Lockdown ab März war dann für uns die Initialzündung, dieses neue Format zu launchen. Wir sind sehr zufrieden mit dem Zuspruch. Die Kunstgedanken bieten uns die Möglichkeit, sich noch einmal ganz anders mit Fragen der Kunst und der Museen auseinanderzusetzen. Zugleich bietet der Podcast die Möglichkeit, ein anderes Publikum zu erreichen und damit für den Diskurs rund um Kunst zu interessieren. Selbstverständlich denken wir auch hier nachhaltig und verstehen den Podcast keinesfalls als kurzfristiges „Pandemie-Angebot“, sondern als festen und langfristigen Baustein unserer digitalen Vermittlung.
Ende 2021 wird die Kunsthalle Karlsruhe für einige Zeit schließen. Was ist hier der Hintergrund und wird es dann etwa eine Zeit lang kein Kulturangebot von der Kunsthalle geben?
Die Sanierung der Kunsthalle ist aus unterschiedlichen Gründen dringend erforderlich: Es geht um Fragen der Barrierefreiheit, der Klimatisierung und des Brandschutzes. Im Jahr 2017 hat das Land Baden-Württemberg einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben, der im März 2018 entschieden wurde. Seitdem laufen die Planungsprozesse und die bauvorbereitenden Maßnahmen. 2021 werden wir das Haus schließen und umziehen. Die Highlights der Sammlung werden wir ab der 2. Jahreshälfte 2022 im ZKM präsentieren dürfen, wofür wir den dortigen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar sind. Zudem sind noch weitere Projekte in Vorbereitung, über die ich aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen kann. Ich kann nur sagen: Man darf gespannt sein, und natürlich wird die Kunsthalle im Digitalen weiterhin sehr aktiv und präsent sein
Abschließend würde ich gerne eine wiederkehrende Frage aus Ihrem Podcast aufgreifen und damit den Scheinwerfer auf den inhaltlichen Kern der Kunsthalle legen: Was kann Kunst leisten?
Diese Antwort wird von meinen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner im Podcast immer wieder neu und aus der jeweils eigenen Perspektive heraus beantwortet. Mich faszinieren die vielfältigen, weiterreichenden und zum Teil sehr persönlichen Gedanken in den Antworten, die im Podcast gegeben werden. Allein dies unterstreicht den herausragenden Stellenwert, den die Kunst hat.
Vielen Dank für das Interview.
> Kunstgedanken – der Kunsthallen-Podcast
> Website der Kunsthalle Karlsruhe
> Youtube
Foto Credits: Bruno Kelzer
[Bei diesem Artikel handelt es sich um ein bezahltes Advertorial.]