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Karlsruhe ist eine Stadt mit vielen Gesichtern und Ambitionen. Seit jeher ist sich die vermeintliche Beamtenstadt nicht ganz sicher, ob man lieber Fächer-, Kunst-, Technologie- oder Internetstadt sein will. Von einer lebendigen Studentenstadt ganz zu schweigen. Benedikt Stoll ist Gründungsmitgleid des Verein die Anstoß und setzt sich als Architekt mit den Konzepten der Stadtplanung auseinander. Hier erklärt er wie sich Karlsruhe entwickeln wird oder auch nicht.
Foto: Paul Gärtner

Karlsruhe ist eine Stadt mit vielen Gesichtern und Ambitionen. Seit jeher ist sich die vermeintliche Beamtenstadt nicht ganz sicher, ob man lieber Fächer-, Kunst-, Technologie- oder Internetstadt sein will. Von einer lebendigen Studentenstadt ganz zu schweigen. Benedikt Stoll ist Gründungsmitgleid des Verein die Anstoß und setzt sich als angehender Architekt und Stadtplaner mit der stadtplanerischen und -politischen Entwicklung Karlsruhes auseinander. Hier erklärt er, wie sich Karlsruhe entwickeln wird oder auch nicht.

Auf der einen Seite wurde die Stadt erst kürzlich auf nationaler Ebene als nachhaltigste Großstadt Deutschlands 2015 gekürt und ist nach dem Zukunftsindex 2030 vom Institut der deutschen Wirtschaft unter den Top 10 der Städte mit den besten Zukunftsaussichten. Projekte wie die Untertunnelung der Innenstadt und die Visionen des Räumlichen Leitbildes zielen im diesen Sinne darauf hin sich weiterhin zu profilieren und vor allem gegenüber den regionalen Konkurrenz durchzusetzen.
Auf der anderen Seite fragt man sich, warum gerade die jüngere Generation nach dem Studium nicht hier bleibt. Die Strahlkraft angesagter Großstädte bleibt ungebrochen und stellt Karlsruhe trotz seiner wirtschaftlichen Potenz immer mehr vor Rätsel. Denn schaut man sich die vermeintlichen Zukunftsaussichten von Städten wie Berlin oder Hamburg an, sehen die Bewertungen größtenteils nicht besonders gut aus.
Man kann eine lange Liste an Unternehmen und Institutionen aufführen, die Karlsruhe national und auch international repräsentieren und die Außenwahrnehmung der Stadt dominieren. Doch es stellt sich die Frage, welche Relevanz diese Darstellung für seine Bürger hat? Die Feststellung, einer großen Diskrepanz zwischen der Außen- und Innenwahrnehmung der Qualitäten und Identität Karlsruhes, steht unter anderem auch schon im Kulturkonzept 2025.
Wenn man sich die historische und stadtplanerische Geschichte von Karlsruhe anschaut, kann man bereits seit seiner Gründung feststellen, dass man sich schon immer von idealtypischen Leitgedanken inspirieren ließ und innovative Entwicklungspläne zur Erweiterung der Stadtgrenzen mit Bravour umsetzte. Man könnte letztlich sagen, dass die gezielte Planung, Reglementierung und Kontrollierung der Stadt und damit auch der Stadtgesellschaft, in ihren Genen liegt. Ist das also die Identität von Karlsruhe?

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Foto: Benedikt Stoll

Bedeutet das, dass freies, unkontrolliertes und kritisches Denken, Planen und Arbeiten hier keinen Nährboden findet? Betrachtet man abseits arrivierter Institutionen die subkulturelle Entwicklung Karlsruhes seit Beginn der 90er Jahre findet man jedenfalls kaum Gegenargumente.
Heute ist man wieder einmal dabei, große Pläne für die Zukunft der Stadt zu schmieden. Der Prozess des Räumlichen Leitbilds soll bis Ende 2016 abschließen und mit neuen Entwicklungsgebieten und konkreten Leitprojekten darüber bestimmen, wo und in welchen Bereichen sich Karlsruhe verändern soll. Dabei ist angesichts der aktuellen wirtschaftspolitischen Ambitionen und Außendarstellung der Stadt fraglich, wer am Ende von dieser Veränderung profitiert und wer daran beteiligt wird.
Entscheidend ist, dass dieser Prozess als öffentliches Beteiligungsverfahren konzipiert ist und damit von den Ideen und Impulsen der beteiligten Planer und Bürger abhängig ist. Dementsprechend kann das Räumliche Leitbild auch nur Projekte und Entwicklungsgebiete anstoßen, die sich aus diesem Kreis ergeben und erzeugt damit auch die Zielgruppe für die Zukunft von Karlsruhe.
Schließlich kann man sagen, dass wieder einmal ein neues Gesicht für die Stadt geplant wird – und damit die Frage nach seiner Identität neu gestellt werden kann.
Jetzt kommt es darauf an, dass es eben auch Impulse aus dem Inneren der Stadt gibt, dass konkrete „Leit“-Projekte selbst initiiert werden und die Innenwahrnehmung von Karlsruhe mehr mit seiner zukünftiger Identität gemeinsam hat. Dieses stadtpolitische Engagement „von unten“ kann letztlich dazu führen, dass sich Karlsruhe zu einer kreativen Stadt mit mehr Freiräumen entwickelt, die offen für gewachsene und selbstorganisierte Projekte und Entwicklungsgebiete ist.

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Foto: Benedikt Stoll
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Foto: Benedikt Stoll

Um sich eine Orientierung über die angedachten Planungen der Stadt zu verschaffen, hilft es sich die 7 ausgewiesenen Stoßrichtungen des Räumlichen Leitbilds anzuschauen. Aus diesen Themen sollen sich konkrete Szenarien und Projekte entwickeln, die viele Interpretationsmöglichkeiten bieten.
Vor allem das momentan sehr gemischt, meist gewerblich und landschaftlich genutzte aber auch brachliegende Gebiet um die Subtangente vom Rheinhafen bis über den Güterbahnhof nach Durlach bietet auch heute schon genügend Freiräume, die kreativ genutzt werden könnten. Fernab der fertig geplanten Stadtteile in Karlsruhe bieten gerade die Zwischenräume großes Potential anders genutzt und angeeignet werden zu können.

 

Wer sich für das Thema interessiert, ist herzlich geladen am Donnerstag den 03.03. bei der Veranstaltung zum “Räumlichen Leitbild” der Stadt Karlsruhe vorbeizuschauen. Alle Infos dazu findet ihr hier.

 

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