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Karlsruher Informatik-Studenten oder Berliner Club-Besitzer könnten Lutz Leichsenring bereits kennen. Er betreibt die Karlsruher Agentur YOUNG TARGETS, die sich um das Vermitteln von Jobs in der TechnologieRegion kümmert und ist außerdem im Vorstand des Berliner Vereins Clubcommission e.V., der sich für sämtliche Interessen Berliner Clubs einsetzt.

Im Rahmen des diesjährigen ersten Karlsruher Hackathons (organisiert von YOUNG TARGETS im Juni 2012) haben wir Lutz ein paar Fragen gestellt. Wir baten um Einblicke in die Arbeit und Projekte seine Agentur YOUNG TARGETS, interessierten uns außerdem für seine Tätigkeit für die Berliner Clubcommission und wie er zur aktuellen GEMA Diskussion steht. Da sich der gebürtige Karlsruher auch in der Karlsruher Club- und Kulturszene auskennt, haben wir ihn außerdem gefragt ob Karlsruhe ebenfalls eine Clubcommission gebrauchen könnte. Spannende Fragen, spannende Antworten. Viel Spaß mit dem Interview!

Wer bist Du und was machst Du?

Mein Name ist Lutz Leichsenring und ich bin Gründer und Geschäftsführer der Agentur YOUNG TARGETS. Ich entwickle kreative Konzepte, wie man mit jungen Leute für Marken und Unternehmen kommuniziert. Die Agentur hat Büros in Karlsruhe, Berlin und in Kürze auch eine Vertretung in London.

Was ist die Nerd-Zone?

Nerd-Zone.com ist die Fachkräftekampagne für die TechnologieRegion Karlsruhe, die wir im Auftrag vom CyberForum und ca. 30 Partnerunternehmen entwickelt haben. In erster Linie wollen wir technologie-affine Studenten und Absolventen ansprechen und ihnen zeigen, was Karlsruhe zu bieten hat.

Ihr habt vor ein paar Wochen den ersten Karlsruher Hackathon veranstaltet. Was ist das Konzept eines Hackathons?

Beim Nerd-Zone HacKAthon programmieren ca. 50 Coder und Designer um die Wette. Binnen 24 Stunden müssen sie eine funktionierende Applikation präsentieren, die in diesem Jahr unter dem Motto „Nerd-WG in Karlsruhe“ lief. Gesponsert wird das Event von IT-Arbeitgebern, die solche Initiativen in der Region gerne unterstützen und gleichzeitig auf offene Stellen aufmerksam machen wollen.


Karlsruher Hackathon 2012

Wer kann bei einem Hackathon mitmachen bzw. nach welchen Kriterien wählt ihr die Teilnehmer aus?

Bewerben kann sich jeder, der es sich zutraut bei einem Programmierwettbewerb einen Beitrag leisten zu können.

Wie erfolgt vor Ort die Gruppenbildung der gegeneinander antretenden Gruppen?

Wir helfen bei der Teamzusammenstellung, falls sich Einzelpersonen anmelden. Wichtig ist, dass jeder seine Stärken in ein Team einbringen kann und dass man in der Zusammenarbeit harmoniert. Dazu gibt es am Vorabend des Hackathons immer ein kleines Get-Together mit einem kurzen Ideen-Pitch.

Auf was kommt es an um zu gewinnen? Bzw. was hat im Rückblick auf den ersten Hackathon die Gewinnergruppe besonders gut hinbekommen, sodass sie gewonnen hat?

Die Gewinner hatten eine gute Idee, waren professionell in der Umsetzung und konnten sehr gut präsentieren. Das sind schonmal drei wichtige Faktoren um vorne dabei zu sein.

Was wird aus der Gewinneridee? Wird sie oder einzelne andere gute Ideen durch involvierte Sponsoren aufgegriffen und mitsamt dem jeweiligen Team umgesetzt? Oder war das nicht das Ziel der Veranstaltung?

Wir planen momentan das zweite Jahr der Kampagne. Dabei soll auch eine der Apps weiterentwickelt werden und als „Nerd-Zone App“ in wenigen Monaten live gehen. Ob das die Gewinneridee oder von einem anderen Team kommt, wird sich noch herausstellen – das hängt auch etwas von der Zeit ab, die von den Studenten investiert werden kann.

Wie zufrieden bist Du mit dem Verlauf des ersten Hackathons? Wird es eine Fortsetzung geben und wenn ja wann?

Wir sind hochzufrieden, weil es die Teilnehmer und Partnerunternehmen waren. Nächstes Jahr wird es eine Fortsetzung geben – der Termin wird in Kürze auf www.nerd-zone.com/hackathon bekanntgegeben.

Mit deiner Agentur „Young Targets“ betreibst Du sogenanntes Recrutainment. Was kann man sich darunter vorstellen?

Bei Recrutainment präsentieren sich Unternehmen bei ihrer Personalsuche auf einer fachlichen Ebene, eingebettet in einen unterhaltsamen Kontext. Wir sind in diesem Bereich seit mehreren Jahren aktiv und können uns hier als Pioniere bezeichnen. Herausgekommen sind dabei Projekte wie www.catch-the-job.de, www.nerd-zone.com, www.bank-zweipunktnull.de oder www.java-bbq.de.

Neben deinen Projekten in Karlsruhe, bist Du vor allem auch in Berlin tätig. In welche Projekte bist Du dort involviert?

In Berlin bin ich neben meiner Tätigkeit bei YOUNG TARGETS im Vorstand des Vereins Clubcommission e.V. ehrenamtlich tätig und beschäftige mich dort als Pressesprecher mit Stadtentwicklung und Themen wie GEMA und der Entwicklung elektronischer Musik.

Was für Aufgaben hat die Berlin Club Commission?

Die Clubcommission ist der Verband für die Berlin Clubbetreiber und Veranstalter. Mit über 120 Mitgliedern gehören wir zu einer der größten Organisationen dieser Art in Europa.


Lutz Leichsenring im Interview auf RBB zur Schließung des Berliner Clubs “Klub der Republik”

Warum benötigt Berlin eine derartige Kommission?

Wie jede Interessensgruppe muss man sich auch als Clubszene organisieren um gehört zu werden. Die Clubcommission macht klassische Lobby- und PR-Arbeit und sorgt dafür, dass die Akteure auch in den kommenden Jahren ihren Platz in der Mitte der Stadt haben. Berlin wird immer teurer und das bedeutet gleichzeitig auch weniger Spielraum für die freie Szene. Mit unserer Arbeit unterstützen wir Clubbetreiber z.B. in Rechtsthemen, stellen Kontakte her oder verhandeln Rahmenverträge um Geld zu sparen.

Was tut sich aktuell in der Berliner Club Szene?

Die Clubszene ist in ständiger Bewegung und erfindet sich immer wieder neu. Gerade in Berlin war in den vergangenen zwei Jahrzehnten viel Freiraum und wenig Einschränkung durch Behörden. Das ändert sich gerade stark und es „brennt“ an allen Ecken und Enden: Diskussion um MwSt. (7 oder 19% auf Eintrittsgelder), GEMA Tarifreform oder die Verdrängung durch zunehmende Wohnbebauung… Wir setzen uns gerade stark dafür ein, dass dieses Thema auf die politische Agenda kommt. Aktueller Erfolg ist unser Einsatz für die Gründung eines Berliner Musicboards, welches in wenigen Monaten starten soll.

Meinst Du das Karlsruhe ebenfalls eine derartige Kommission gebrauchen könnte?

Ich glaube Karlsruhe sollte in jedem Fall versuchen die Positionen der freien Szene – dazu gehören Theater, Clubs und Galerien – darzustellen und Richtung Politik und den Medien zu kommunizieren. Ich nehme diese Szene eigentlich erst durch kavantgarde richtig wahr. Um Ziele umzusetzen braucht man erstmal noch keine Kommission, aber ein Positionspapier und eine betreute Web- oder Facebook-Seite. Die Zusammenarbeit und regelmäßige Treffen ergeben sich dann automatisch daraus und wenn das dann in einem Verein mündet, umso besser.

Lass uns zuletzt noch auf eine aktuelle Diskussion eingehen, die derzeit nicht nur in Berlin oder in Karlsruhe sondern in ganz Deutschland mit Spannung verfolgt wird, nämlich die zur angekündigten GEMA Tarifreform im Jahr 2013. Vorab, wie würdest Du die Gema einem außenstehenden Betrachter in wenigen Worten beschreiben: welche Funktion hat sie?

Die GEMA schützt die Rechte der Musikurheber und sammelt als Monopolist für 65.000 Mitglieder die Gelder ein. Das waren im vergangenen Jahr fast 900 Millionen Euro. Leider sind die Strukturen in diesem Verein sehr verkrustet; die Verteilungsschlüssel nicht ausreichend transparent. So kassieren 5% der Mitglieder über 65% der gesamten Einnahmen. Diese ca. 3.800 Mitglieder entscheiden aber auch über Reformen innerhalb der GEMA, was auch das Dilemma ist: Denn darunter sind keine Urheber aus der Clubszene, die nun durch die Tarifreform besonders zur Kasse gebeten werden. Der Beitrag eines Clubs erhöht sich nächstes Jahr von 28.000 Euro auf knapp 180.000 Euro.


Lutz Leichsenring im Interview auf RBB zur GEMA Demonstration am 06.09.2012 in Berlin

Die Betreiber des wohl bekanntesten Berliner Clubs „Berghain“ haben vor einigen Tagen (das Interview wurde im Juli geführt) angekündigt, den Club Anfang nächsten Jahres schließen zu müssen, wenn die neuen Tarife der GEMA wie angekündigt in Kraft treten. Kannst Du Dir vorstellen, dass die GEMA die Tarife wie angekündigt durchsetzt und wenn ja was würde das für Clubs in Deutschland bedeuten?

Das wird es. Leider. Laut der Reform ist der Betrag immer fällig, ob 1 oder 1000 Personen an einer Veranstaltung teilnehmen. Das hat dann Auswirkungen auf das Programm und die zur Verfügung stehenden Gagenbudgets. Dadurch wird diese Erhöhung empfindliche Auswirkungen auf das Booking von Nachwuchs-DJs oder experimenteller Musik sein. Irgendwo muss das Geld ja herkommen und der Gast wird nicht bereit sein eine Verdopplung der Eintritts- oder Getränkepreise hinzunehmen.

Vielen Dank für das Interview! Die abschließenden Worte gehören Dir…

Ich bin ein großer Fan Eurer Arbeit und halte es für einen Lichtblick in einer Stadt, die Kunst im öffentlichen Raum und Aktivitäten der Subkultur sehr restriktiv behandelt hat. Weiter so!

www.young-targets.com
www.clubcommission.de

Das Interview führte Jakob Siegmund, Juli 2012

1 comment
  1. recruitment? aua! sei dein eigenes unternehmen! make an impact! diese ‘job’-denke ist echt oldstyle. genauso wie die umverteilung von gewinnen durch zentrale orgas. in zukunft wird das dezentral ablaufen. geh also ruhig schonmal sterben, gema.
    best°sig

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